Albanien, irgendwie rau und doch viel zu schön um schon zu gehen!

Buneci Beach, Albanien, 24. Dezember 2023

So schön es auch war, wieder in wärmeren Gefilden an der Küste zu sein, so hat es uns dennoch nicht lange dort gehalten. Das ursprüngliche Ziel zu Weihnachten in Griechenland am Strand zu liegen hatten wir noch nicht verworfen und auch wenn der Strand uns einen schönen Stellplatz bot, fehlte hier doch das gewisse etwas, dass uns zu einem längeren Aufenthalt gedrängt hätte. Der reichhaltig am Strand angespülte oder einfach dort liegengelassene Müll und das wechselhafte Wetter waren letztlich auch keine Argumente für einen Verbleib, so dass wir uns nach einem sonnigen Strandtag wieder auf den Weg ins Landesinnere machten. Unser nächstes Ziel war die historische Kleinstadt Krujë, genauer gesagt der traditionell anmutende Bazar von Krujë, der neben einer Festung unserer Recherche zufolge die Hauptattraktion dieser kleinen Stadt in den Bergen Mittelalbaniens bildet. Da wir uns allesamt (auch Lea und Alex begleiten uns weiterhin) einig sind aktuell kein Interesse an der Besichtigung einer Festung zu haben fokussieren wir unseren Besuch ganz und gar auf den Bazar und einen kleinen Bummel durch die Stadt. Zentrales Glied des alten Bazars von Krujë (Pazari i vjetër) ist eine sehr alte, ein wenig verwinkelte Kopfsteinpflasterstraße, die an beiden Seiten gesäumt ist von alten, kleineren und größeren, dicht aneinander gesetzten Holzhäusern. In und vor Diesen werden neben touristischem Schnick-Schnack auch viele bunte und teils traditionell hergestellte Handwerksgegenstände angeboten. Das ganze Ambiente gefiel uns und so schlenderten wir gemächlich von Geschäft zu Geschäft. Wie wir es schon aus den übrigen Balkanländern gewohnt sind, ist das Verkaufsverhalten auch hier eher forsch geprägt. Wir waren die einzigen potenziellen Kunden auf dem Weg. So ist es wohl nicht weiter erstaunlich, dass wir von allen Seiten mit Warenangeboten überhäuft wurden, ebenso wie mit Einladungen ins Innere der Geschäfte, in denen es dem Vernehmen nach stets eine noch größere Auswahl an noch schöneren Produkten zu geben schien, und nicht zu vergessen die Einladungen zu, für uns ausnahmsweise kostenlosen, Besichtigungen der Werkstätten. In der Regel ist uns diese Art etwas zu aufdringlich, doch in unserer 4er-Gruppe fiel es uns allen sichtlich leichter uns davon nicht beirren zu lassen. So kam es, dass wir den Bazar schließlich mit einem handgefertigten bunten Teppich im typisch albanischen Design, zwei Kissenbezügen sowie einem kitschigen Magneten für unsere Sammlung wieder verließen. Der anschließende Einkauf bei einem kleinen Gemüsehändler ließ dann auch unseren Geldbeutel noch strahlen, denn für umgerechnet ca. 3,50 € bekamen wir hier einen guten Wochenvorrat an frischem Gemüse. Glücklich und zufrieden verließen wir Krujë am Nachmittag wieder in Richtung Bovilla Lake, ein Bergsee in der Nähe der Hauptstadt Tirana.

Ein paar Kilometer vor dem Ziel entwickelte sich die Straße jedoch zu einer Kraterlandschaft. In der Hoffnung, dass die Straße nochmal besser werden würde, gingen wir den ersten Kilometer noch an. Doch im Bulli schaukelte und klapperte alles, was nicht festgeschraubt war, und das Fahren war alles andere als angenehm. Nach kurzem Hadern gaben wir schließlich auf und traten den Rückzug an.  Wir hatten zwar schon gehört, dass die Straßenverhältnisse zum See schlecht seien, aber dass es nur wenige Kilometer entfernt von der Hauptstadt Tirana solche „Straßen“ gibt, hatten wir nicht erwartet. Der See soll zwar sehr schön sein, aber das war es uns letztlich nicht wert. Davon ließen wir uns aber auch nicht unterkriegen und fuhren für den geplanten Stadtbesuch weiter zu einem Hotel in Tirana, welches im Innenhof einen Stellplatz für Camper-Reisende anbietet. Für 10€ pro Tag konnten wir dort sicher und sorglos stehen und hatten Zugang zu Toiletten und Duschen. Von unserem Unterschlupf aus fuhren wir am kommenden Tag mit dem Bus ca. 30 min in die Stadt. Für umgerechnet 40 ct eine super Lösung, wenn man sich an das chaotisch wirkende Busnetz erst einmal gewöhnt hat. Markierte Bushaltestellen haben Seltenheitswert, Buslinien- oder Streckennetzpläne gibt’s nicht und Fahrpläne sowieso nicht. Ob man in den richtigen Bus einsteigt, erkennt man an einem farbigen Streifen an der Außenseite, wobei es im Stadtzentrum auch Busse mit Nummerierungen gibt, weswegen wir davon ausgehen, dass hier entweder verschiedene Busunternehmen oder aber verschiedene Codierungen für den Inneren und Äußeren Stadtbereich verwendet werden. Unser Gastgeber Toni hat uns jedoch mit allen notwendigen Infos ausgestattet, sodass wir auch diese Hürde, am Ende sogar ohne eine einzige Komplikation, nehmen konnten. Im Zentrum angekommen spazierten wir kreuz und quer durch die Straßen, über einen Wochenmarkt, auf dem wir uns aus großen Säcken eine Nussmischungen zusammenstellten, hinauf auf die „Pyramide von Tirana“, das damalige Denkmal für den verstorbenen Diktator Enver Hoxha, welches jetzt als Bildungseinrichtung und Kulturzentrum genutzt wird und auf der Spitze über eine tolle Aussichtsplattform verfügt sowie durch die Burg von Tirana, von der nur noch die osmanischen Mauern übrig sind und die heute mit bunten Handwerksläden und romantischen Restaurants gefüllt ist. Nach Sonnenuntergang leuchtete die Stadt im Schein unzähliger Lichterketten und schafft damit nochmal eine ganz besondere Stimmung. Nicht vergessen werden wir die Polizisten, die am Abend auf einer viel befahrenen Kreuzung in gelassener Manier mit Kelle und Pfeife simultan zur wohlgemerkt funktionierenden Ampelschaltung den Verkehr regelten. Zum Abschluss des Stadtbesuchs gab es auf dem Weihnachtsmarkt den ersten Glühwein in dieser Weihnachtszeit für uns. Der Weihnachtsmarkt erinnerte teilweise an einen Jahrmarkt. Es gab jedoch auch kleine Stände, an denen man landestypische Kleinigkeiten kaufen konnte und auf dem großen Hauptplatz der Stadt, dem Skanderbeg Square, reihte sich eine Getränke- und Fressbude an die nächste. Ein akzeptabler Weihnachtsmarkt, der auf besondere Art und Weise schaffte, die albanische Kultur mit den westlichen Weihnachtstraditionen zu verbinden und uns um Welten besser gefallen hat als der Weihnachtsmarkt im letzten Jahr in Bergen.

Nach Besichtigung der Hauptstadt Albaniens stand der Besuch des kleinen Bergstädtchens Berat, welche auch die Stadt der tausend Fenster genannt wird und damit unsere Aufmerksamkeit erlangt hat, auf dem Plan. Wir wählten die Strecke über Elbasan und schon kurz vor der Stadt nahmen wir einen unangenehmen Geruch sowie diesige Sicht war. Als wir durch den Ort fuhren, sahen wir unzählige kleine Erdölpumpen, von denen einige nach wie vor Erdöl fördern. Rings um die Pumpen war es schwarz und matschig. Viele der Pumpen standen einfach in den Gärten der Häuser, direkt an der Straße und viele hatten keine einzige Absperrung. Diese Situation mit den eigenen Augen zu erleben war ziemlich erschreckend für uns.

Kurz vor Berat schlossen sich uns Paula und Sergio an, ein spanisches Pärchen ebenso wie wir alle auf dem Weg nach Griechenland. Lea und Alex hatten die beiden bereits vorher schon einmal auf einem Stellplatz kennengelernt. Berat hat einen niedlichen historischen Stadtteil, der vom Fluss Ishull ausgehend an beiden Seiten die Berghänge hinaufklettert. Von der Brücke aus hatten wir den berühmten Blick auf die tausend Fenster, von dem die besondere Bezeichnung der Stadt herrührt. Gemütlich schlendern wir hier durch die Gassen, müssen uns zügeln in einem kleinen Handwerksladen nicht das komplette Sortiment zu kaufen, pflücken und verspeisen frische Mandarinen von den Bäumchen in den Gassen und kommen mit dem ein oder anderen Einwohner ins Gespräch. Ein gelungener Besuch!

Nach unserem Spaziergang durch Berat trafen wir dann zufällig noch Diana und Hauke, die wir in Bosnien und Herzegowina in Blagaj auf dem Campingplatz kennengelernt haben. Kurzerhand entschlossen wir uns alle gemeinsam zu einem Stellplatz für die Nacht aufzumachen. Mit vier Campern in einer Kolonne ging es zu einem See bei Roskovec. Gemütlich am Feuer, bei sternenklarem Himmel und Stockbrot ließen wir gemeinsam den Abend ausklingen, wobei wir ganz nebenbei einiges über spanische Silvesterbräuche lernen konnten.

Am nächsten Morgen haben wir mal wieder die albanische Gastfreundschaft genossen. Ein junger Mann, der in irgendeiner Beziehung zu einem nahegelegenen ehemaligen Hotel stand, hupte und schwenkte mit einer Tüte voller Orangen. Trotz Verständigungsprobleme hat er uns das Anwesen und vor allem den Ausblick vom Dach gezeigt und uns ermuntert vor unserer Abreise noch mehr Orangen von den zahlreichen Bäumen im Garten zu pflücken, wobei er uns zeigte wie wir das Tor zum Grundstück auch in seiner Abwesenheit öffnen konnten. Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen. So zogen wir alle los und pflückten Orangen bis die Beutel, zu Soerens Leidwesen im Wahrsten Sinne des Wortes, platzen. So gab es in der nächsten Zeit jede Menge Orangen im Müsli, als Snack zwischendurch sowie frisch gepresst aus dem Glas. Dabei kam hin und wieder die Frage auf: Kann man eigentlich auch zu viel Orangen essen?!

Nach der großen Zusammenkunft trennten sich die Wege aufgrund unterschiedlicher Reiseziele wieder. Lea, Alex und wir schlugen dabei weiterhin gemeinsam wieder den Weg zurück zur Küste ein, wobei wir den Dalan Beach in der Nähe von Vlorë ansteuerten. Die letzten 2,3 km waren eine ziemliche Holperfahrt, aber der Stellplatz am Ende der Straße hat alle Strapazen wieder vergessen gemacht: Uns erwartete ein traumhafter Stellplatz auf einem schmalen Landstreifen zwischen dem Meer und einer Lagune, in der eine Gruppe Flamingos bereits auf uns wartete.  

Viel zu kurz blieben wir an diesem großartigen Fleck Erde, jedoch trieben uns unter anderem einige Erledigungen wie die Weihnachtspost, zurück und in die Innenstadt von Vlorë. In einem Fancy Café verbrachten wir hier den Nachmittag und schrieben Postkarten. Von Vlorë aus fuhren wir die Küste entlang gen Süden über den Llogarapass, eine wunderschöne Strecke aber teilweise sehr steil und kurvig. Spätestens nach diesem Pass sind wir uns sicher, dass es in Albanien nur Warnschilder vor Steigungen von 10% gibt. Egal wie unterschiedlich die Steigungen auch sind, es wird stets vor 10% gewarnt und sicher sind wir uns auch, dass einige Anstiege oder Abfahrten die 10% deutlich überstiegen.

Umso weiter wir in den Süden Albaniens vordringen, desto mehr gewinnen wir den Eindruck, dass uns dieser Teil des Landes wesentlich besser gefällt als der Norden. Natürlich kann dies auch mit dem Wetter zusammenhängen, denn die Regen- und Sturmphasen wurden in der letzten Zeit immer weniger und für die kommenden zwei Wochen ist Sonne pur vorhergesagt. Pünktlich so kurz vor Weihnachten haben wir den Sommer also endlich eingeholt. Da zu dieser Zeit die Strandhotels, Beach Bars und Restaurants geschlossen sind, können wir auch in den sonstigen Touristenhochburgen entspannt direkt an den Stränden stehen und haben diese meist ganz für uns allein. Einer dieser Strände ist der Livadi Beach den uns eine Freundin empfohlen hat. Außer ein paar Bauarbeiter und einen Fischer treffen wir hier keine Menschenseele und breiten uns so gut es geht an dem weitläufigen Strand aus. Von hier unternehmen wir auch noch eine kleine Wanderung zum Aquarium Beach. Diese ausschließlich zu Fuß erreichbare Bucht hat ihren Namen sehr wahrscheinlich dem unübertrefflich klaren Wasser und den wunderschönen Türkis- und Blautönen zu verdanken.

Weihnachten stand nun vor der Tür und damit auch eine folgenschwere Entscheidung. Bleiben wir bei unserem Plan Weihnachten am Strand in Griechenland zu verbringen? Dies würde bedeuten einige Teile Albaniens, das wir doch gerade erst beginnen so richtig ins Herz schließen, links liegen zu lassen und ggf. auch Lea und Alex zu verabschieden, sollten diese sich für den Verbleib in Albanien entscheiden. Wer uns kennt wird nicht überrascht sein, dass wir beschließen über Weihnachten in Albanien zu bleiben. Schließlich mieten wir uns gemeinsam mit Lea und Alex für die Weihnachtsfeiertage eine schnieke Unterkunft an der Küste bei Borsch.

Mit diesem Plan im Rücken machen wir uns für die letzten Tage vor Weihnachten nochmal auf den Weg ins Landesinnere. Auf dieser Strecke absolvieren wir weite Täler und seit langem mal wieder eine neu ausgebaute und über längere Zeit geradewegs verlaufende Straße, eine herrliche Abwechslung nach den kurvenreichen Etappen der letzten Tage. Entlang des Vjosa Tals ging es bis zum Langarica Canyon. Dort konnten wir eine Wanderung oberhalb und durch den Canyon machen. Abends kurz nach Sonnenuntergang haben wir ausgiebig in dem wohlig warmen schwefelhaltigen Wasser der Thermalquelle Llixhat e Bënjës gebadet und entspannt. Genau das richtige vor dem anstehenden Weihnachtseinkauf. Bei der Wahl der Unterkunft hatten wir unter anderem auf eine gut ausgestattete Küche geachtet, denn für die Weihnachtsfeiertage wollten wir es kulinarisch krachen lassen. So fuhren wir in den nächsten größeren Ort Gjirokastra und hofften dort alles zu bekommen. Nach dem vierten Supermarkt hatten wir schließlich fast alles bekommen. Nur die Suche nach gemahlenen Nüssen war schlussendlich vergebens, aber Mandeln lassen sich auch gut einzeln mit der Reibe zerkleinern (die Fingernägel und Fingerkuppen freuen sich auch). Diesen nervenaufreibenden Tag beschließen wir in der wundervoll beleuchteten Altstadt von Gjirokastra, welche als Pendant zur „Stadt der tausend Fenster“ (Berat) uns gegenüber von einigen Albanern auch als „Stadt der tausend Steine“ vorgestellt wird. Zufällig geraten wir dabei noch auf ein kostenloses vorweihnachtliches Rock Festival, auf dem albanische Künstler die Steinhäuser zum Tanz aufforderten. Der Glühwein aus dem Wasserkocher, der dann trotz seiner Herkunft kalt war, war allerdings auch von dem leidensfähigsten Rocker kaum zu genießen. Zwischendurch belohnen wir uns zur Feier des Tages in einem Restaurant noch mit einer Verköstigung von allerlei albanischen Spezialitäten.   

Und dann war er da, der 24.12.2023. Nach einem letzten morgendlichen Einkaufsbummel in Gjirokastra kamen wir gegen Mittag am Buneci Beach an und taten das, weswegen wir vor einigen Monaten in den Süden aufgebrochen sind: Den Rest des Tages lagen wir bei strahlendem Sonnenschein mutterseelenallein an einem total idyllischen Strand, lediglich unterbrochen von einem erfrischenden Bad im Meer! Schöner hätten wir es uns nicht vorstellen können. Den Heiligabend haben wir gemütlich mit einem wunderschönen Sonnenuntergang über dem Meer und einem Spieleabend ausklingen lassen.

Der strahlend blaue Himmel am nächsten Morgen und die bereits angestaute Wärme im Auto luden uns direkt zu einem weiteren Bad im Meer ein. Nach ein paar weiteren Sonnenstunden am Strand packten wir voller Vorfreude zusammen und bezogen wenig später in Qeparo unsere traumhaft in den Küstenhang, gebaute Ferienwohnung mit riesiger Sonnenterasse und privaten Wasserzugang. Hier lassen wir es uns für ein paar Tage richtig gut gehen.

Ein Kommentar zu „Albanien, irgendwie rau und doch viel zu schön um schon zu gehen!

  1. Hij ihr Lieben, schon verrückt Anfang Februar euren Bericht von Weihnachten zu lesen. Mich hat eine heftige Erkältung erwischt und ich komme endlich dazu, von eurer tollen Reise etwas mehr zu lesen. Ein Traum. Albanien reizt uns auch noch sehr. Aber dafür muss Hilke wohl erst in Rente gehen. Dann können wir auch außerhalb der Ferien mal länger weg.

    Im Sommer wollen wir mit unserem Camper über Schweden nach Finnland. Was sollte. Wir uns denn dort unbedingt ansehen?

    lg

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