Sommerpause

Südwärts, 01. November 2023

Beide Inseln sind einen Besuch wert und das unter anderem, da sie sich im Landschaftsbild nochmal deutlich vom Festland unterscheiden. Uns hat dabei die kleinere Insel Hiiumaa sogar etwas mehr geflasht als die deutlich größere und touristisch weit mehr erschlossene Insel Saaremaa. Die schöneren Übernachtungsplätzen und Landschaftsformationen sind unserer Ansicht nach auf dem weniger besiedelten Hiiumaa zu finden. Das Portemonnaie lässt sich auf beiden Inseln sehr leicht in den zahlreichen Hand- und Kunstwerksläden erleichtern wobei uns besonders eine kleine Senfmanufaktur auf Saaremaa und eine Schäferei auf Hiiumaa, die selbst hergestellte Schafwolle und Strickstücke verkaufte, in Erinnerung geblieben sind. Bei der Schäferei war es obendrein möglich einen Blick hinter die Kulissen der Wollproduktion zu werfen.

Nachdem wir die Inseln Hiiumaa und Saaremaa wieder verlassen haben, stand ein Besuch der historischen Altstadt von Tartu auf dem Programm. Eine Stadt mit einer sehr langen Geschichte und einer namenhaften Universität allerdings sind Berichte, nach denen die Altstadt von Tartu die von Tallin noch übertrumpft unserer Ansicht nach etwas überzogen. Tatsächlich trafen wir hier jedoch weitaus weniger Menschen, als in der Hauptstadt, an und die Stadt ist allemal einen Besuch wert. Aus zeitlich gegebenem Anlass suchten wir uns als nächstes einen Ort, an dem wir das Mitsommerfest auf die traditionelle Weise feiern konnten. In Estland trägt es den Namen Jaanilaupäev Fest und wir entschieden uns, es in einer kleinen Stadt namens Võru im Südosten des Landes zu verbringen. Dort wurde am Strand eines Sees mit traditionellen Tänzen, Musik und Feuer der längste „Tag“ des Jahres zelebriert. Dies war für uns der perfekte Abschluss und gleichzeitig Abschied von Tiphaine und Ludo, da wir planten uns nach diesem Event etwas direkter und in größeren Schritten in Richtung Heimat zu begeben. In Deutschland gab es zu dieser Zeit einige Dinge und Termine, die wir nicht verpassen wollten. Schließlich entschieden sich die beiden am nächsten Morgen doch noch einen weiteren Tag mit uns zu kommen und ebenfalls Estland zu verlassen.

Nach einem gemütlichen Abschiedsfrühstück ohne Abschied ging es also gemeinsam weiter in den nächsten Baltikumstaat Lettland. Unseren ersten Halt in Lettland haben wir im Gaujas Nationalpark eingelegt und uns dort die sagenumwobenen roten Klippen angeschaut. Nach einer Nacht mit einem komischen Zwischenfall -mitten in der Nacht klopfte es an der Scheibe und ein Mann, den wir schon am Tage sichtlich angetrunken auf einem Roller bemerkt hatten, notierte sich nach eindringlicher Inspektion des Fahrzeugs das Nummernschild :D- verabschiedeten wir uns am nächsten Morgen endgültig von unseren französischen Freunden und Wegbegleitern.

Nach der Besichtigung von Cēsis, einer wunderschönen kleinen Stadt mit großer Burg am Gaujas Nationalpark, entschieden wir uns von Lettland nur den westlichen Teil zu erkunden. Den Anfang machten wir in der Hauptstadt Riga. Bei tollem warmem, leichtbewölktem Wetter sind wir einen ganzen Tag lang durch die riesige Altstadt von Riga geschlendert. Passend zu den drei Schwestern in Tallin konnten wir in Riga das Gebäudeensemble „die drei Brüder“ wiederfinden. Einen tollen Ausblick über die Stadt gönnten wir uns vom 17. Stockwerk der lettischen Akademie der Wissenschaft, ein Gebäude, dass aufgrund seiner Form und Fassade auch unter dem Namen „Stalins Geburtstagstorte“ bekannt ist. Für das kulinarische Wohl ist in der Stadt ohnehin an jeder Ecke gesorgt. Wer sich von dem Stadttrubel erholen möchte, kommt im nahgelegenen Kurland (auf lettisch „Kurzeme“) nahe des Ortes Jūrmala voll auf seine Kosten.

Um das schöne warme Wetter und die Meeresnähe zu nutzen, wählten wir den Weg entlang der Küste von Riga über Jūrmala, Mērsrags, Kap Kolka, Mazirbe bis nach Ventspils, einen Ort, berühmt für seinen mit der „Blauen Flagge“ als familienfreundlich ausgezeichneten Strand mit weißen Pudersand und glasklarem Wasser.

Ein Stück im Landesinneren liegt die Kleinstadt Kūldiga, die süße Altstadt gefällt uns sehr. Und der Weg durch den breitesten natürlichen Wasserfall Europas (249m) mit Blick auf die alte gemauerte Gewölbebrücke über den Fluss Venta ist hervorragend. Die Brücke gilt mit einer Länge von mit 164 m als längste Backsteinbrücke Europas.

Nach den vielen Besuchen von Dörfern und Städten beschließen wir, die Reise durch Lettland mit einer Wanderung durch den Papes Naturpark zu beenden. Statt über Kopfsteinpflaster und Asphalt wandern wir hier auf einem 9 km langen Pfad, der uns durch fünf verschiedene Ökosystemen – dem See, der Wiese, dem Wald, dem Moor und den Dünen – führt.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass die Straßenverhältnisse in Lettland zu wünschen übriglassen. Da wird so manch eine Schotterstraße, die es zu genüge gibt, zur Nerven- und Gehörprobe. Aber toi toi toi, vom Porzellangeschirr ist noch nichts kaputtgegangen. Nach einer guten Woche in Lettland wird es Zeit für uns weiter gen Süden in das letzte baltische Land aufzubrechen.

Mit dem Ziel Anfang Juli in Deutschland anzukommen, durchqueren wir Litauen in relativ großen Schritten. Dabei verzichten wir schließlich auch eine der touristischen Hauptattraktionen: Die „Kurische Nehrung“, einem schmalen Küstenstreifen, der von litauischer Seite nur mit der Fähre ab Klaipeda erreicht werden kann. Stattdessen nehmen wir Kurs auf den Berg der Kreuze den Soeren sich lieber nur aus der Ferne anschaut, während die Neugier Juliane zu einem kurzen Spaziergang durch das Gewusel von Kreuzen in allen erdenklichen Gestaltungen und Größen verleitet. Abends finden wir einen schönen Platz an einem kristallklaren See und nehmen am nächsten Morgen im einsetzenden Regen noch ein erfrischendes Bad. So fühlen wir uns bereit für die Besichtigung der zweitgrößten Stadt von Litauen: Kaunas. Kaunas ist Kulturhauptstadt 2022, war zwischen 1920 und 1940 Hauptstadt des Landes und gliedert sich aus Sicht von Besuchern in eine Alt- und Neustadt. Hier flanieren wir auf der sehr idyllischen Hauptstraße der Neustadt, die mit 1,7 km als eine der Längsten Fußgängerzonen in Osteuropa bekannt ist. Von den entspannten Vibes lassen wir uns hier treiben und besichtigen dabei noch einige der Architekturdenkmäler im Stadtkern. Unser Rundgang führt uns dann auch noch in die Altstadt für die wir die Umschreibung „Klein aber Fein“ passend finden. Gemütliche Cafés, kleine Gassen und historische Bauten wie die Burg von Kaunas laden zum Besichtigen und Verweilen ein.

Wir entscheiden uns gegen Abend jedoch noch ein kleines Stück weiterzufahren und mit untergehender Sonne einen Abendspaziergang, um die Wasserburg Trakai und durch den kleinen süßen vorgelagerten Ort mit schmucken Holzhäusern zu machen. Für einen Feierabendtrunk an der Promenade kamen wir dann jedoch zu spät.

Stattdessen legten wir schnell die Beine hoch da für den nächsten Tag der Besuch der Landeshauptstadt Vilnius auf dem Plan stand. Vielleicht gerade weil Vilnius im Vorfeld auf unserem Städteradar noch nicht so präsent war, wurden wir von der facettenreichen Altstadt positiv überrascht. Die vielen kleinen Gassen, detailverliebt geschmückt und eingerichteten Bars und Restaurants, die vielen historisch-bedeutsamen Bauten, die selbst ernannte Republik Užupis (in dem alternativen Stadtteil reihen sich Kunstateliers, Boutiquen lokaler Designer, kleine Kultur- und Handwerksläden sowie charaktervolle Bars und Cafés aneinander), die zahlreichen Streetart-Werke und das ganze Flair in und um die Altstadt haben uns sehr beeindruckt. Einen überragenden Ausblick bietet übrigens der Glockenturm der St.-Johanniskirche bei dem schon der Aufstieg zum Erlebnis wird.

Mit dem Höhepunkt in Vilnius beenden wir dann unsere Erkundung in Litauen auch schon wieder und ziehen weiter über die Grenze nach Polen. Auf relativ direktem Weg nach Deutschland legen wir in Polen nur noch einen kurzen Halt in Nikolaiken (Mikołajki) und einen weiteren Stopp in Danzig (Dansk) ein. Mikołajki ist eine kleine Stadt in der Seenlandsschaft Masuren. An einem wunderschönen Sommertag finden wir uns hier jedoch auf einer vollkommen überlaufenen Promenade wieder. Nachdem wir uns durch die Menschenmassen einen Rundgang entlang der Seepromenade und über den Marktplatz gebahnt haben, gönnen wir uns noch eine schnelle solide Pizza und fahren dann weiter bis vor die Tore von Danzig.

Für den Besuch der Danziger Innenstadt nehmen wir uns dann noch einen vollen Tag Zeit und schlendern durch die Fußgängerzone und bestaunen die unzähligen tollen, bunten und detailverliebt verzierten Häuserfassaden. Danzig, eine Stadt mit langer Geschichte, die sich auch hier in den Gebäuden der Altstadt widerspiegelt, ist definitiv einen Besuch wert.

Von Danzig aus fahren wir entlang der Küste weiter, nehmen den, erst vor wenigen Tagen eröffneten, Swinetunnel und kommen pünktlich zu allen Terminen, die auf unserem Zettel standen, in der Heimat an.

In der letzten Zeit haben wir es genossen die Familien in unserer Nähe zu haben und Freunde besuchen zu können. Fast nebenbei konnten wir auch ein paar Handgriffe zur Erfüllung eines lang gehegten Renovierungsplans von Julianes Eltern beisteuern.

Da wir jedoch vom Reisen noch nicht die Nase voll haben, sind wir am 25.09. wieder in unseren Bruno gezogen und zu neuen Abenteuern aufgebrochen. Natürlich nicht ohne zuvor noch ein paar kleine Änderungen und Erneuerungen an unserem mobilen Heim vorzunehmen (zB.: Mückennetz, Reifenwechsel, Einbau einer vertrauenswürdigen Diebstahlsicherung …). Im Großen und Ganzen sind wir aber immernoch sehr zufrieden mit unserem Ausbau und freuen uns auf den nächsten Reiseabschnitt. Der Norden Europas, vor allem Norwegen und Estland haben uns sehr gut gefallen. Klar war es schon ziemlich „frisch“ im skandinavischen Winter aber diese großartigen Landschaften und Naturphänomene (Polarlichter) in einem so zeitlich ungebundenen Umfang zu erleben war einfach wunderschön! 😊

Doch wie wäre es an Weihnachten mal das andere Extrem zu haben und vielleicht in der Sonne am Strand zu liegen? Daher heißt es für uns nun: Ab in den Süden.

Ein Kommentar zu „Sommerpause

  1. Hallo Juliane und Sören, danke für eure Reisenotizen aus dem Baltikum! Mit Hiiumaa und Saaremaa werden bei mir wunderbare Erinnerungen wach. Außerdem waren wir auf einer sehr kleinen vorgelagerten Insel deren Namen ichnleider vergessen habe – evtl Muhu? Auch Tallin haben wir während des Chorfestivals 2018 intensiv erlebt und genossen. Bin gespannt wie es für euch jetzt weitergeht? Habt auf jeden Fall auch weiterhin eine erlebnisreiche Zeit! Liebe Grüße, Hilke

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