1001 Wasserfälle

Štikovo, Kroatien, 21. November 2023

Der Weg von der Küste Kroatien ins Landesinnere in Richtung Bosnien und Herzegowina war beeindruckend. An der dicht besiedelten Küste grenzt ein Ort an den nächsten, hier ein Supermarkt, da der Nächste, mal klein, dann wieder eher im Stil eines Einkaufcenters, die Häuser sind oft prunkvoll, die Strände und das Küstenpanorama überwältigend, die Autos protzig und das touristische Angebot reichhaltig. Doch schon nach ein paar Kurven hinein in das Dinarische Gebirge zeigt sich uns ein neues Erscheinungsbild. Die Landschaft, Flora und Fauna, vieles sieht anders aus. Wir sehen weite grüne Landschaft, vereinzelte Häuser, die meist nicht verputzt sind, zerfallene Bauten oder Bauruinen, kleine Dörfer, frei umherlaufende Tiere – vor allem Hühner, die sich schwer darin tun, sich für eine Straßenseite zu entscheiden-. Weiterhin fallen uns in den Bäumen am Straßenrand immer wieder Schilder mit Totenköpfen auf. Achtung Minengefahr!

Aufgrund der Ankündigung von Dauerregen verschieben wir unseren Besuch der Plitvicer Seen noch um einen Tag und machen uns einen gemütlichen Tag im Bulli. Der Platz, an dem wir stehen, nur wenige Meter entfernt von einem Flusslauf mit kleinem Wasserfall, soll bekannt für mögliche Begegnungen mit wilden Bären sein. Ob sich die Bären der Gegend schon in der Winterruhe befanden, oder ob es selbst diesen zu regnerisch war, bleibt ungewiss, jedoch bekamen wir kein Fellknäuel zu Gesicht.

Der nächste Tag begrüßt uns mit Sonnenschein und so besuchen und durchwandern wir den Nationalpark Plitvicer Seen und bewundern Wasserfälle in den verschiedensten Formen und Ausprägungen. Die 10€ /Pers. Eintritt geben wir in diesem Fall gerne aus, zumal wir in der Hauptsaison das Vierfache hätten zahlen müssen. Wir sind uns einig etwas Vergleichbares in unserem Leben noch nicht gesehen zu haben und sind zutiefst beeindruckt von der Ansammlung herabstürzender Wassermassen sowie langsam von Stufe zu Stufe heruntersteigender Wasserläufe. Bevor wir die Grenze zu Bosnien und Herzegowina überqueren schauten wir uns noch den ehemaligen Luftwaffenstützpunkt Željava an. Die größte militärische Flugzeugkaverne in Europa wurde zwischen 1957 und 1972 im damaligen Jugoslavien erbaut und ist heute ein Lost-Place den es zu besuchen lohnt. Die schiere Größe der Anlage hinterlässt Eindrücke verschiedener Art. Da hier wohl häufiger auch unerlaubte Grenzgänger unterwegs sind patrouilliert die Polizei auf dem riesigen Gelände recht frequentiert, lässt uns aber unserer Wege gehen. Aufgrund einer Vielzahl an Landminen, die sich hier noch immer befinden sollen, sind ausschweifende Spaziergänge ohnehin nicht geboten. Eine Erkundung der Stollen und Hangar ist mit einer Taschenlampe allerdings möglich, denn versperrt sind diese nicht und Minen soll es in diesen auch nicht geben. Die Nacht verbringen wir dann aber doch nicht auf dem Flugfeld oder im Hangar, sondern vor dem Gelände ein wenig abseits der Straße.

Vor dem Grenzübertritt nach Bosnien und Herzegowina (BiH), raus aus der EU, sind wir ein wenig aufgeregt. Aus Erzählungen wissen wir, dass es scheinbar häufiger mal vorkommt, dass ein Camper komplett auf links gedreht wird und auch vor dreckiger Wäsche oder der peniblen Kontrolle jedes Gewürzgläschens nicht Halt gemacht wird. Darauf haben wir mal so gar keine Lust. Mit dem schlimmsten rechnend waren wir dann sogar etwas perplex, dass wir nahezu unbehelligt, abgesehen von der kurzen Passkontrolle, in das Land einreisen durften. Dies hat allerdings nur kurz angehalten, denn mit der Ausreise aus der EU kamen nun einige notwendige Erledigungen auf uns zu. Da wir mit unseren deutschen Handykarten in den Balkanstaaten nicht viel anfangen können und wir ebenso wenig von öffentlichem WiFi abhängig sein wollten, brauchten wir eine neue Telefonkarte. Diese bekamen wir relativ unkompliziert direkt an der nächsten Tankstelle (4 GB für ca. 3€). Ein bisschen kniffliger war die Besorgung von Bargeld, ohne dass wir eine Reise durch dieses Land nicht empfehlen können. Zu unserer Überraschung wollten uns die ersten drei Geldautomaten kein Geld ausspucken. Da Juli das Problem aus Südamerika schon kennt und mit dem nötigen Optimismus auch den vierten Automaten ausprobiert, verließen wir Bihać schließlich auch mit gefüllter Bargeldkasse.

Als erstes Ziel in BiH steuern wir den Una Nationalpark an, in dem wir entlang des gleichnamigen Flusses Una fahren und wandern. Auch hier gab es wieder einige Wasserfälle zu bewundern, wobei wir ganz allmählig und mit jedem weiteren Wasserfall feststellen, dass wir der Sache so langsam überdrüssig werden. Diese jedoch haben vor allem durch unfassbare Wassermassen imponiert. Da es in der letzten Zeit viel geregnet hatte, führten die Flüsse unheimlich viel Wasser, welches sich hier unter ohrenbetäubendem Lärm den Fels herunterbricht.

Über Jajce und die Mlinčići Wassermühlen fuhren wir nach Sarajevo. Kurz vor der Stadt haben wir in den Bergen einen tollen Stellplatz auf einer großen Lichtung mitten im Wald gefunden, die im Sommer wohl einen beliebten Grillplatz darstellt. Dort haben wir den ersten Frost und sogar einen kurzen Schneeregenschauer bei Temperaturen kurz unter null erlebt. Über die Schönheit dessen sind wir uns nicht einig, aber am nächsten Tag wollten wir ohnehin wieder den Berg hinunter nach Sarajevo und damit in wärmere Klimazonen fahren.

Unseren Besuch von Sarajevo starten wir an der alten Bobbahn, welche für die olympischen Winterspiele von 1984 erbaut wurde und heute ebenfalls zu einem viel besuchten Lost-Place geworden ist. Ein kleines Stück oberhalb der Bob-Bahn befindet sich die Bergstation der Seilbahn von Sarajevo, von der aus wir einen wundervollen Ausblick über das wolkenverhangene Tal, in dem die Hauptstadt liegt, genießen.

Das Zentrum der Stadt Sarajevo, aufgeteilt in einen historischen und modernen Stadtkern, hat uns außerordentlich gut gefallen. In der Altstadt genießen wir den orientalischen Flair und dazu traditionellen bosnischen Kaffee oder Salep und hören im Hintergrund den Muezzin rufen. Beim Schlendern durch die Gassen finden wir sogar die ein oder andere Gelegenheit unser Geld unter die Leute zu bringen. Besonders eine enge Gasse mit unzähligen kleinen Lädchen, die allesamt das gleich anbieten -Kaffee Sets, Teller, Dosen, Deko, Besteck und allesamt aus Kupfer gefertigt- hat unser Interesse geweckt. Unser Nachtlager schlugen wir am Rand von Sarajevo auf einem Campingplatz/Airbnb auf, bei dem wir nicht nur einen sehr Interessanten Gastgeber, sondern auch noch einige andere Reisende treffen und bei einem gemeinsamen Abend Geschichten austauschen konnten.

Von Sarajevo aus fuhren wir in das Bergdorf Umoljani und starteten dort zu einer Wanderung zum höchstgelegenen Dorf des Landes: Lukomir.

Es wurde immer frischer und der Wetterbericht sagte schon wieder Schnee für die nächsten Tage vorher. Für uns Grund genug den Weg zurück zur Küste bzw. nach Mostar anzutreten, wobei wir nicht den direkten Weg, sondern noch einen Umweg durch den Blidinje Nationalpark, eine Hochebene, die zu den schönsten Naturgebieten des Landes zählt, wählen. Bei schönstem Wetter unternehmen wir hier eine kleine Wanderung und erleben die Gastfreundschaft in Herzegowina in Form einer geschenkten Dose Bier.

Durch Mostar fahren wir zunächst nur durch und peilen den Campingplatz „Autocamp Blagaj“ an, auf dem wir in bisher größter Form die Gastfreundschaft und herzliche Art der Bosnier zu spüren bekommen. Zur Begrüßung bekamen wir jeder erst einen halben Liter frisch gezapftes Bier serviert. Dabei sollte es nicht bleiben, denn es kamen für jeden noch zwei Pfannkuchen ein Obstteller, für Juli eine Flasche Wein und zum Schluss jeweils ein zweites Bier dazu. Aber auch dabei sollte es während unseres Aufenthalts nicht bleiben, wir waren insgesamt vier Nächte auf dem Platz und haben jeden Abend etwas zu Essen und ein Getränk zum Camper gebracht bekommen. Immer mit dem Beisatz „aufs Haus, aufs Haus“.

Unsere Tage auf dem Campingplatz nutzen wir zum Ausruhen bzw. für Soerens Geburtstagsparty, für einen Besuch der schönen Altstadt von Mostar und schließlich zum Wechseln der Bremsbeläge an der Hinterachse (eine Operation, die wir schon seit einiger Zeit auf unserer Liste hatten). Mit diesen Eindrücken beschließen wir auch unsere Zeit in Bosnien und Herzegowina und verlassen das Land wieder in Richtung Kroatien.  

An der Grenze wurden wir diesmal an die Seite gebeten, aber der nette Beamte betrachtete eher erstaunt unseren Ausbau, schaute einmal in die Schubladen, fragte nach dem Inhalt der Dachboxen und war dann wohl davon überzeugt, dass wir nichts schmuggeln wollten.   

Um mit der Länge dieses Beitrags das Zumutbare nicht komplett zu überreizen, gibts an dieser Stelle noch einen Schnitt. Im nächsten Beitrag, der ebenfalls in Kürze erscheinen wird, berichten wir dann von unserer Rückkehr an die Adriaküste und der Fahrt durch Montenegro nach Albanien.

Da dies der letzte Beitrag für dieses Jahr sein wird wünschen wir euch allen einen guten Rutsch und einen fröhlichen Jahreswechsel! 😊

Ein Kommentar zu „1001 Wasserfälle

  1. Hallo Juliane und Sören, danke für euren interessanten Bericht, alles Gute zu neuen Jahr und viel Freude und Glück weiterhin auf eurer spannenden Reise! Liebe Grüße, Hilke

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